Der Umgang mit Menschen, die vor schwersten Menschenrechtsverletzungen, Bürgerkriegen, politischer und religiöser Verfolgung, bitterer Armut oder dem Entzug ihrer Lebensgrundlagen durch den globalen Klimawandel aus Afrika und Asien flüchten und versuchen, in Europa Schutz zu finden, ist eine Schande für jene Europäische Union, die sich den Schutz der Menschenrechte und die Nicht-Diskriminierung von Menschen auf Grund ihrer Hautfarbe und ethnischen Herkunft auf ihre Fahnen geschrieben hat! Seit dem Jahr 1999 bemüht sich die EU um eine gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik, die jedoch durch die Eigeninteressen ihrer Mitgliedstaaten und die weit verbreitete Angst vor „Überfremdung“ immer wieder verzögert und hintertrieben wird. Ungeachtet der Tatsache, dass das Recht auf Asyl in Artikel 18 der EU-Grundrechtecharta, die seit dem Vertrag von Lissabon bindendes EU-Recht darstellt, feierlich verkündet wurde, hat die restriktive Flüchtlingspolitik der Mitgliedstaaten dazu geführt, dass den Schutzsuchenden ein effektiver Zugang zum Asylverfahren verwehrt wird. Denn nur wer es schafft, in die EU einzureisen, kann einen Asylantrag stellen und muss dann den Ausgang des Asylverfahrens in jenem Staat abwarten, an dem er oder sie zuerst europäischen Boden betreten hat, also vor allem in den ans Mittelmeer grenzenden Staaten Griechenland, Italien, Malta oder Spanien.
Menschenrechtswidrige Behandlung von Asylsuchenden
Oftmals werden Asylsuchende in den Ankunftsländern inhaftiert oder müssen dort mangels Unterbringung und sozialer Unterstützung auf der Straße leben. So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2011 entschieden, dass beispielsweise die Behandlung von Asylsuchenden in Griechenland gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt. Gleiches gilt für Italiens Maßnahme, die Einwanderung über das Mittelmeer mittels Abfangen der Schiffe und Rücktransport der Flüchtlinge nach Nordafrika zu verhindern. Da eine legale Einreise für die meisten Flüchtlinge aus Staaten wie Syrien, Libyen, dem Irak, Afghanistan, Somalia oder Eritrea de facto unmöglich ist, werden sie in die Arme skrupelloser Schmuggler getrieben, die ihnen nicht nur die letzten finanziellen Mittel und ihre Pässe abnehmen, sondern sie schließlich auf völlig überfüllten Booten im Mittelmeer ihrem Schicksal überlassen.
„Festung Europa“ macht Mittelmeer zum Flüchtlingsgrab
Durch die Politik der „Festung Europa“ ist das Mittelmeer in den letzten Jahren zum weltweit größten Grab ertrunkener Flüchtlinge geworden. Nach dem aufsehenerregenden Unglück vor Lampedusa, wo im Oktober 2013 mehr als 300 Flüchtlinge ertranken, hat die italienische Marine mit ihrer unter dem Namen „Mare Nostrum“ bekannt gewordenen Rettungsaktion im Lauf des vergangenen Jahres mehr als 150.000 Flüchtlingen das Leben gerettet. Diese mutige Aktion in einem von Xenophobie geplagten Kontinent hat der italienischen Regierung von den anderen EU-Mitgliedstaaten allerdings nicht Lob, sondern vor allem Kritik insofern eingebracht, als dadurch „illegale MigrantInnen“ angezogen werden würden. Folglich wurde diese Rettungsaktion mit 31. Oktober 2014 wieder eingestellt und durch eine neue Operation der Europäischen Grenzkontrollagentur FRONTEX namens „Triton“ ersetzt, deren Zweck nicht primär in der Rettung von Flüchtlingen besteht, sondern darin, sie durch eine wirksamere Kontrolle der europäischen Grenzen davon abzuhalten, die gefährliche Überfahrt nach Europa zu versuchen. Als ob sich verzweifelte Menschen, die mit letzter Anstrengung der Verfolgung oder dem Krieg gerade noch entkommen konnten, von solchen Aktionen davon abhalten lassen, Schutz in Europa zu suchen!
Angesichts der aktuellen Krisen und Konflikte in Europas unmittelbarer Nachbarschaft braucht es mehr Humanität im Umgang mit Flüchtlingen. Der Schutz der Menschenrechte ist ein zentraler Wert in einem geeinten Europa und muss daher besonders für Schutzsuchende gelten.
Kommentare
Nachdem der Begriff „Asylsuchende“ immer wieder (nicht hier/von Prof. Nowak) gegen Flüchtlinge in Anschlag gebracht wird, schlage ich vor, generell von Flüchtlingen bzw. Flüchtlingen im Asylverfahren zu sprechen; Asyl ist ein (Menschen-)Recht; Menschen, die Schutz suchen, sind Flüchtlinge und keine Werbeträger, wie der andere zu vermeidende Begriff vorgibt („Asylwerber“). RL
Prof. Novak hat Recht: wir brauchen eine humane und gleichzeitig gemeinsame europäische Asylpolitik. Neben einer Politk der Krisenvermeidung und – bekämpfung geht es vor allem auch um die Eröffnung von Kanälen der legalen Zuwanderung, um die illegale, unkontrollierte Zuwanderung zu reduzieren. Soweit möglich müsste man schon in den Krisenregionen Informations- und Antragsbüros schaffen die diese legale Zuwandetung ermöglichen. In Europa selbst bräuchte man ein flexibles(!) Quotensystem. Alle Mitgliedsstaaten müssten gemäß ihrer Bevölkerungsanzahl und dem Volkseinkommen einen Beitrag leisten. Und dabei ist der Famileinzusammenführung besondere Beachtung zu schenken. Und was die Aktion Triton betrifft, so ist sicher eine Überprüfung der Praxis notwendig, denn die Hilfe und Unterstützung der Menschen muss sicher Vorrang gegenüber der Abwehr von illegalen Flüchtlingströmen haben.
Vor allem aber geht es um eine offensive Argumentation seitens der Politik hinsichtlich einer angemessenen Hilfe und Soildarität mit all jenen die durch Verfolgung, Krieg und extreme Armut getrieben, ihre Heimat verlassen. Je gerechter die Menschen in Europa selbst die Verteilung von Einkommen und Vermögen wahrnehmen, desto eher werden sie bereit sein, anderen zu helfen.
Ja, es gibt Menschen, die -wie derzeit vor allem in Deutschland – versuchen, Hass und Ablehnung zu organisieren. Man sollte nicht alle, die bei solchen Demknstrationen mitlaufen verteufeln. Aber die Politik zumal die europäische sollte klar feststellen, dass wir erstens, Zuwanderung angesichts unserer demographischen Entwicklung brauchen und zweitens, neben finanziellen Kosten auch finanzielle und wirtschaftliche Vorteile entstehen.
Wichtig allerdings ist, dass wir jenen Gemeinden helfen, die die unmittelbaren Kosten für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge tragen. Erst unlängst habe ich bei einer Diskussion mit Flüchtlingen im Münchner Rathaus gesehen, wie die Gemeindevertreter unter der insuffizienten europäischen, nationalen und regionalen Politk leiden. Und gerade die GemeindevertreterInnen könnten viel für eine positive Stimmung in der Bevölkerung unternehmen.
Von der Europäischen bis zur Gemeindeebene sollte es zu einer Neuordnung der Migrations- und insbesondere der Flüchtlings- und Asylpoitik kommen. So könnte man das „christliche Abendland“ verteidigen und nicht durch Demonstrationen gegen eine angebliche Islamisierung Europas. Und dabei sollten wir bedenken, dass die armen Länder dieser Welt den Großteil der Flüchtlingsstömen aufnehmen und versorgen und nicht die reichen Regionen wie Europa. Denken wir nur an die Millionen Syrischen Flüchtlinge in der Türkei, vor allem aber in Libanon und Jordanien. Zu den vielen Palestinensern aus früheren Kriegen kommen jetzt die syrischen Flüchtlinge hinzu. Trotz internationaler Hilfe wird in diesen Ländern die Hauptlast der Flüchtlingsströme getragen, und nicht in den reichen, christlichen Ländern.
Hannes Swoboda ist grundsätzlich zuzustimmen. Nur dürfen die Bürger der Gemeinden bei der Unterbringung von Flüchtlingen (Asylsuchenden) nicht mutwillig vor den Kopf gestoßen werden, denn dann werden sie eher unduldsam. Wir haben in Tirol einen Fall, wo in der Fraktion einer entlegenen Gemeinde, die von etwa 90 Personen bewohnt wird, vom Land 90 Asylanten in einem aufgelassenen Hotel untergebracht werden sollen. Bei einer Protestkundgebung der betroffenen Bevölkerung (erst nach Abschluss des diesbezüglichen Vertrages zwischen Land und dem Eigentümer des Objektes) erklärte die zuständige Landesrätin dazu: „Da hat die Gemeinde nichts mitzureden!“ Dem Bürgermeister missfiel’s und er erklärte Widerstand im Gemeinderat an. Konklusion dieser strittigen Angelegenheit: So wird es nicht gehen, sondern die Bevölkerung, die das mittragen soll, ist d a v o r auch entsprechend mitzunehmen. Auch sollten die bevölkerungsmäßigen Proportionen dabei stimmen!
Das Befürchtete ist eingetreten: In dem von mir geschilderten Fall hat sich eine „Identitäre Bewegung Tirol“ der Angelegenheit angenommen und die Gemeindebürger mit einer nächtlichen Flugzettelaktion „beglückt“. Unter dem Titel „Stoppt den Asylwahn“ wird gegen Flüchtlinge im allgemeinen Stimmung gemacht und im besonderen die konkrete Vorgehensweise kritisiert: „Das Land Tirol entscheidet über Eure Köpfe hinweg, ob und wie viele Asylwerber in Eurer Gemeinde untergebracht werden sollen – Die Politik hat Euch verraten!“ Es sei „Zeit zu handeln“ und „melde dich und werde Teil unserer Bewegung!“. Nach Ansicht des Politologen Reinhold Gärtner vom Institut für Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck, geäußert in der heutigen „Tiroler Tageszeitung“ zu diesem konkreten Fall, vertrete die Identitäre Bewegung ähnliche Ansichten wie die Pegida in Deutschland, sie sei „gewissermaßen die Rechten im Nadelstreif“. Die Pegida nützt also die verkorkste Asylpolitik hierzulande, um mit ihren intoleranten Losungen und Aufrufen auch in Tirol Fuß zu fassen. Professor Gärtner glaubt dazu, man könne damit rechnen, dass rechtsextreme Gruppen aus „ihren Löchern kommen“, um die aktuelle Lage auszuloten, wie die „TT“ schreibt.
Die „Identitären“ waren zuletzt erfolgreich: Die Unterbringung von Asylwerbern, auch in stark reduzierter Zahl, in dieser Gemeinde ist nun endgültig gescheitert. Tirol wird die nötige Anzahl von Quartieren bis zum Monatsende dadurch nicht erreichen.
Zu den Identitären in Österreich ist relativ wenig zu sagen – weil sie relativ unscheinbar agieren und in der Öffentlichkeit kaum wahr genommen werden: Wenn nun im Tiroler Weerberg ein Flugblatt der Identitären aufgetaucht ist, so ist bezeichnend, dass jegliche Namen fehlen, dass – aus welchen Gründen auch immer – diese Gruppe scheinbar etwas zu verheimlichen hat.
Ähnlich auf der homepage der IBO, der Identitären Bewegung Österreich. Erst im Vereinsregister wird man fündig, erst dort wird als Obmann des Vereins zur Erhaltung und Förderung der kulturellen Identität Alexander Markovics genannt, dessen Aktivitäten (u.a. für die FPÖ) in einigen Medienbeiträgen rund um die Demonstration der Identitären in Wien im Mai 2014 etwas beleuchtet wurden.
Aktuell wird von der IBO ein Weltbild propagiert, das in der Tradition der Nouvelle Droite von Alain de Benoist steht. Das ist es aber auch schon. Und solange die Proponenten der Identitären nicht einmal ihre Namen nennen, werden sie weiter in der Versenkung agieren, wo sie vor allen möglichen Bedrohungen Europas warnen.
Der Burschenschafter Alexander Markovics hat jetzt mit weiteren Gesinnungskameraden das Sächsische Landtagsgebäude in Dresden gewaltsam besetzt und sich dafür natürlich prompt eine Anzeige des Landtagspräsidenten eingehandelt. Offenbar hatte er es aber darauf abgezielt gehabt, denn die Identitären entrollten bei dieser Gelegenheit auch ein Transparent: „Unser Land – Unsere Werte“. Damit weiß man jetzt eindeutig, woher der Wind weht und was man davon zu halten hat.
Ich muss mich insofern korrigieren, als die Unterbringungs-Quote in Tirol am letzten Abdruck dadurch erreicht wurde, dass mit den Eigentümern des ehemaligen Sunnbichl-Hotels in Weerberg ein Arrangement dergestalt getroffen wurde, dass statt der ursprünglich vorgehenen 90 Asylwerber jetzt nur 49 unterkommen können und das auch nur für die nächsten 6 Monate: Also letztlich doch keine Lösung für die betroffenen leidgeprüften Menschen!
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